Die Beitragssätze der Sozialversicherungen müssen bereits in der gegenwärtigen Legislaturperiode des Bundestags merklich angehoben werden und der Anpassungsbedarf wird sich weiter fortsetzen. Die Analyse zeigt, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach den vorgenommenen Vorausberechnungen von heute 40,05 % bis zum Jahr 2025 auf 42,8 % und bis zum Jahr 2030 auf 45 % der beitragspflichtigen Einkommen steigen wird. Davon sind alle Zweige der Sozialversicherung betroffen. Die stärksten Steigerungen ergeben sich für die GKV – gefolgt von der GRV.
Bereits jetzt leistet der Bund regelmäßig Zuschüsse an die verschiedenen Sozialversicherungen. Diese Zuschüsse müssten im Zuge der projizierten Entwicklung von derzeit etwa 137 Mrd. Euro auf 189 Mrd. Euro im Jahr 2030 steigen. Um die Beitragssätze konstant zu halten, wäre zudem bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode ein zusätzlicher Bedarf an Zuschüssen von 34 Mrd. Euro pro Jahr und im Jahr 2030 dann sogar von jährlich 86 Mrd. Euro erforderlich.
Eine solche gravierende Ausweitung der Bundeszuschüsse kann weder durch eine erhöhte Besteuerung noch durch eine Kreditaufnahme zufriedenstellend angegangen werden. Eine erhöhte Besteuerung verringert nicht die Lasten, sondern hat nur Verteilungswirkungen. Eine erhöhte Kreditaufnahme scheidet sowohl aus finanzpolitischer Sicht als auch aus allgemeineren ökonomischen Erwägungen aus. Damit würde nicht nur gegen die Verschuldungsgrenze der Schuldenbremse, sondern auch gegen die europäischen Fiskalregeln verstoßen. Insofern zeigen die Zahlen, dass eine Stabilisierung der Beitragssätze ohne Strukturreformen in den einzelnen Sozialversicherungszweigen schwerlich gelingen wird.
Bei der Analyse handelt es sich um eine Aktualsierung einer Studie aus dem Jahr 2021.
Zu den Autoren:
Herr Thiess Büttner ist Professor an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft. Er ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen und seit 2018 Vorsitzender des unabhängigen Beirats des Stabilitätsrats.
Herr Martin Werding ist Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum. Seit September 2022 ist er Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Rat der Wirtschaftsweisen“).