In der Arzneimittelversorgung lassen sich deutliche Unterschiede zwischen Privater und Gesetzlicher Krankenversicherung feststellen. Neueste Zahlen liefert hierzu die aktuelle Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) zur „Arzneimittelversorgung der Privatversicherten 2012“.
Die Analyse weist deutliche Unterschiede in der Arzneiverordnungspraxis nach, die eine größere Wahl- und Therapiefreiheit sowie Innovationsfreundlichkeit in der PKV belegen. Die Versorgungsunterschiede ergeben sich erkennbar daraus, dass der Arzt bei Privatversicherten nicht an Rabattverträge und Richtlinien gebunden ist. Er kann sich an den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Therapieansätze sowie den individuellen Bedürfnissen des mündigen Patienten orientieren, während er bei GKV-Versicherten in hohem Maße den Preis der Medikamente beachten muss, um finanzielle Nachteile (Regresse) für sich zu vermeiden.
Welchen starken Einfluss das GKV-Steuerungselement der Regresse bei Überschreiten der Richtgrößen hat, zeigt sich beispielsweise in der Verordnungspraxis von innovativen Gerinnungshemmern (neue orale Antikoagulanzien), deren Therapiekosten 17-mal höher liegen als bei der Standardtherapie mit Vitamin-K-Antagonisten. Wie das WIP feststellt, entfallen etwa 20 Prozent aller Verordnungen der neuen oralen Antikoagulanzien auf Privatversicherte, obwohl sie nur 11 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Die WIP-Studie untersucht auch die Wirkungen der Rabatte nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG). Obwohl die vereinbarten Preise auch für die PKV gelten, führt das AMNOG keineswegs zu einer gleichen Verordnungspraxis von PKV und GKV. Dies zeigt sich beispielhaft beim teuren Prostatakrebs-Medikament Zytiga®, dem der Gemeinsame Bundesausschuss einen beträchtlichen Zusatznutzen attestiert. Hier lag die Zahl der Verordnungen in der PKV je Versicherten etwa doppelt so hoch wie in der GKV.
Bei Präparaten mit einem Preis über dem Festbetrag müssen GKV-Versicherte einen Teil der Kosten selbst zahlen. Dies führt dazu, dass gerade chronisch Kranke auf das möglicherweise für sie geeignetere Präparat verzichten. Ein derartiges Problem stellt sich in der PKV nicht. Starke Unterschiede zeigen sich beispielsweise bei dem vom Arzneiverordnungs-Report empfohlenen kortisonhaltigen Asthmaspray Alvesco®. Bezogen auf die Versichertenzahl gab es in der PKV 5,6-mal mehr Verordnungen als in der GKV, da die Zuzahlungen für viele GKV-Patienten eine zu hohe Hürde darstellen.
Die von manchen gesundheitspolitischen Akteuren vertretene These einer „GKV-isierung“ der PKV im Arzneimittelbereich ist mit Blick auf diese realen Versorgungsunterschiede nicht haltbar. Dies schlägt sich auch in abweichenden durchschnittlichen Kosten je abgegebener Packung nieder. Unterstellt man in PKV und GKV die gleiche Quote von nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten, ergibt sich hier ein Preisunterschied von 30 Prozent. Die WIP-Arzneimittelstudie liefert eine umfassende Analyse des Arzneimittelmarktes der PKV. Sie schließt eine Lücke zum Arzneiverordnungs-Report, der nur das Gesehen der GKV abbilden kann. Grundlage der Untersuchung sind die Daten von mehr als 52,9 Mio. Arzneimittelverordnungen des Jahres 2012, die zur Kostenerstattung bei 14 PKV-Unternehmen eingereicht wurden. Bei diesen Unternehmen sind etwa 72 Prozent aller Privatversicherten versichert.
Link zur Studie "Arzneimittelversorgung der Privatversicherten 2012 - Zahlen, Analysen, PKV-GKV-Vergleich"
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